Denitrifikation - Deshalb ist stehendes Wasser gefährlich

Denitrifikation - Deshalb ist stehendes Wasser gefährlich

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Fast jeder kennt es. Egal ob bei einem Umzug, bei versagen der Technik oder einen Stromausfall, wenn das Wasser auf einmal steht, kommt Panik auf. Doch warum es gefährlich sein kann, wissen dabei die wenigsten. Häufig hört oder liest man nur, es sterben die Bakterien im Filter. Doch was passiert genau? Wir erklären dir den Denitrifikationsprozess oder auch den Stickstoffabbau im Aquarium und die Gefahr die damit verbunden ist.

Die Basis der Denitrifikation im Aquarium

Bevor ein Denitrifikationsprozess im Aquarium gestartet werden kann, muss Nitrat vorhanden sein. Das wird im Aquarium entweder durch das Leitungswasser und durch Dünger eingebracht oder durch den funktionierenden Stickstoffkreislauf im Aquarium aufgebaut. Ohne vorhandenes Nitrat, kann keine Denitrifikation erfolgen.


Eine weitere wichtige Bedingung für die Denitrifikation ist, das kein Sauerstoff vorhanden sein darf. Es muss also an anerobes Milieu vorhanden sein.

Was ist die Denitrifikation genau?

Die Denitrifikation ist der biologische Abbau von Nitrat mit hilfe von Bakterien zu dem harmlosen Gas Stickstoff. Bei der Denitrifikation wird mittels einer Reduktion das Nitrat über Nitrit und mit verschiedenen Zwischenstufen zu molekularem Stickstoff. Da es sich um eine Reduktion handelt, muss ein sauerstoffarmes bzw. sauerstofffreies Milieu vorhanden sein. Hier solltet ihr schon merken, sauerstofffrei, ist nicht gut für die Tiere, da diese Sauerstoff benötigen. Diese Reduktion findet damit nur in sauerstoffarmen Zonen im Wasser oder der Technik statt. Die Bakterien die diese Denitrifikation durchführen, stellen bei Sauerstoffknappheit auf die Nitratatmung um. Sie sind also keine reinen aneroben Bakterien sondern aerobe Bakterien, die ihren Stoffwechsel wenn es notwendig ist umstellen können.

Ist eine Denitrifikation im Aquarium gefährlich?

Ja und Nein. Eine funktionierende und vollständige Denitrifikation ist im Normalfall auch im Aquarium nicht gefährlich, da das Endprodukt nur Stickstoff in Gasform ist und damit wieder zum Teil in Wasser gelöst wird und zum Teil ausgetrieben.  Diese Prozesse können zum Beispiel in wenig gefilterten Zonen im Aquarium entstehen oder im Bodengrund der noch leicht Wasserdurchflutet ist und noch nicht verdichtet. Damit ist nur diese kleine Zone sauerstoffarm und es werden die Fische im Aquarium nicht davon beeinträchtigt.

Doch dieser Prozess kann auch gefährlich werden für unsere Bewohner und zwar immer dann, wenn die Denitrifikation nicht bis zum Ende erfolgen kann.



Was ist die Gefahr bei einem Denitrifikationsprozess im Aquarium?

Die Gefahr bei einer Denitrtifikation besteht darin, dass während des Abbauprozesses bzw. während der Nitratatmung es zu unerwünschten Elementen kommen kann. So können  Nitrit oder Stickstoffmonoxid bei nicht vollständiger Umwandlung entstehen. Wenn dann zu dem sauerstoffarmen Milieu noch eiweishaltige Substanzen wie Futter oder tote Fische kommen, dann kann aus diesen noch zusätzlich Schwefelwasserstoff entstehen. Dies ist jedoch kein direktes Produkt der Denitrifikation.


Der Prozess der Denitrifikation:

NO3 -----> NO2 ----> NO ----> N2O ----> N2

Ausgeschrieben:

Nitrat -wird zu-> Nitrit -wird zu -> gasförmigen Stickstoffmonoxid - wird zu -> Distickstoffoxid - wird zu -> elementaren Stickstoff

Wenn dieser Prozess also nicht vollständig erfolgen kann, dann haben wir im Aquarium ein Problemchen.

Nitrit

Mehr zum Thema Nitrit und seine Gefahren findet ihr im Beitrag Nitrit.


Stickstoffmonoxid

Stickstoffmonoxid ist ein farb und geruchloses Gas das dazu auch noch giftig ist. In zu hohen Konzentrationen kann es die Kiemen unserer Zierfische verätzen und den sauerstofftransport für das Blut blockieren. Damit ersticken unsere Tiere ähnlich qualvoll wie bei einer zu hohen Nitritkonzentration.

Distickstoffoxid - oder auch Lachgas

Erwähnen wir eher der Vollständigkeithalber und ja, es klingt vielleicht jetzt etwas komisch, es kann Lachgas im Aquarium entstehen durch einen unterbrochenen Denitrifikationsprozess. Dieses Element ist nicht direkt tötlich für unsere Zierfische, kann jedoch Nervenschäden verursachen wenn die Tiere zu häufig diesem Gas ausgesetzt sind.

Worauf solltet ihr im Aquarium achten?

Um eine ungewollte Denitirifikation zu vermeiden, achtet immer auf ausreichende Durchflutung aller Zonen im Becken. Wenn jetzt jedoch mal die Technik ausfällt, kann ein regelmäßiges bewegen des Wassers mit der Hand schon förderlich sein um solche Prozesse zu vermeiden. Zusätzlich entsteht tagsüber durch die Wasserpflanzen ebenfalls Sauerstoff. Bei einem guten gleichgewicht kann deshalb auch ein filterloses Aquarium funktionieren, wenn immer ausreichend Sauerstoff produziert wird. Das ist jedoch die höchste Form der Gleichgewichtskunst in der Aquaristik. Der Gasaustausch spielt nämlich auch hier eine wichtige Rolle.

Wer zu viel Nitrat im Aquarium hat, kann auch einen Nitratfilter als Bypass anschliessen und so ein künstiches anerobes Milieu schaffen um Nitrat auf biologische weise aus dem Aquarium zu entfernen.

Heterotrophe und autotrophe Denitrifikation

Diese zwei unterschiedlichen Denitrifikationen gibt es, die sich auch von den vorhandenen Bakterienarten unterscheiden. So besitzen Bakterien der Gattung Paracoccus, Pseudomonas und andere die Fähigkeit Nitrat zusammen mit Wasserstoff sowie Protonen in Stickstoff und Wasser umzuwandeln. Diese nutzen die Nitratatmung um Nitrat zu Stickstoff zu reduzieren.

Bei der autotrophen Denitrifikation kommt Schwefel mit ins Spiel. So siedeln sich Schwefelbakterien an und reduzieren molekularen Stickstoff. Dabei wird der Schwefel zu Sulfat oxidiert. Problematisch an dieser Verbinung, ist daher das die Säurebindung reduziert wird und der pH Wert sinken kann.

Und was passiert nun wenn der Filter aus ist?

Wenn der Filter aus ist, dann passiert folgendes. Zuerst wird der noch vorhandene Sauerstoff für die Nitrifikation verwendet. Wenn der Sauerstoff dann aufgezerrt ist, fangen an die Bakterien auf die Nitratatmung umzustellen. Das können sie so lange, wie Nitrat im Filter vorhanden ist. Wenn dann auch dieses aufgebraucht ist und ein vollständig sauerstoffloses Milieu entstanden ist, dann fangen die Eiweise an zu Schwefelwasserstoff zu werden. Dann ist leider wirklich alles an brauchbaren Bakterien tot. Wie lange das dauert ist immer abhängig von der Filtergröße, der Verschmutzung des Filters und der Wasserwerte die zuletzt vorhanden waren. Wer also einen defekten Filter hat, aber seine Bakterien nicht sterben lassen will, der sollte seine Filtermedien in einen Eimer mit Frischwasser geben und in regelmäßigen Abständen dieses Wasser austauschen. Wenn es etwas länger dauert, dann solltet ihr die Schwämme (die Bakterien darin) füttern mit etwas Fischfutter oder der Zugabe von Wasser aus dem Aquarium zum Beispiel.

Wenn euer Becken sich im Gleichgewicht befindet und das Licht noch funktioniert oder ausreichend Tageslicht in Becken kommt damit eine Photosynthese stattfinden kann, dann sollte das Becken eine Weile ohne Filterung auskommen. Aber Finger weg vom Bodengrund. Diesen erst abmulmen und reinigen, wenn ihr wieder einen funktionierenden Filter habt. Denn Der Bodengrund und der Filter sind die wichtigsten Siedlungsflächen für Bakterien. Je nach Beckengröße, Besatz und Bepflanzung kann es unterschiedlich lange ohne Filterung gut laufen. Je kleiner das Becken, desto schneller kann es euch kippen. Habt deshalb immer ein Auge auf eure Zierfische in einem solchen Fall.
Aquarium Aufbau und Besatz ist entscheidend

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